Neue Forschungsergebnisse aus der Antarktis gewähren einen Einblick in die Zukunft der Menschheit

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Die Antarktis ist ein Ort, der beeindruckend und lebensfeindlich zugleich ist. Gigantische Massen aus Schnee und Eis formen riesige Gletscherspalten, die sich über die gesamte Fläche des Kontinents ziehen. Diese Bedingungen machen das Gebiet für Menschen unbewohnbar und für Wissenschaftler zu einer Herausforderung.

Die Erkenntnisse, die in der Antarktis gesammelt werden können, sind essenziell für Meteorologen und Klimaforscher. Viele vergangene Expeditionen blieben, angesichts der schwierigen Wetterbedingungen, ergebnislos. Im Jahr 2014 schaffte es ein Forschungsteam, grundlegende neue Daten in dem Gebiet zu sammeln. Nach fünf Jahren wurden die Ergebnisse der Expedition nun veröffentlicht. Die Ergebnisse erlauben einen spannenden Blick in die Zukunft unseres Planeten.

1. Eine bahnbrechende Expedition

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Das Forschungsteam, das sich im Jahr 2014 auf den Weg in die Antarktis machte, setzte sich aus erfahrenen Meteorologen und Klimaforschern aus den USA, China, Südkorea, Europa und Australien zusammen. Die Antarktis ist der am wenigsten erforschte Kontinent der Erde. Die Kartendaten des Gebiets sind unvollständig. Ziel der Forschungsreise war es, diese Wissenslücke zu schließen und einen Blick unter die meterhohe Eisdecke zu werfen.

Unter Verwendung einer hochpräzisen Technologie und den Grundsätzen der Physik erhielten die Forscher interessante neue Erkenntnisse. Die Daten ermöglichten ihnen die Vervollständigung der geografischen Karte und eine Aussage über das Verhalten der Antarktis In Zusammenhang mit dem Klimawandel.

2. Ein bedeutendes Gebiet

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Der Südpol ist ein Gradmesser für die Erwärmung der Erdatmosphäre. Wissenschaftler warnen seit Jahren vor den Folgen des Klimawandels für die Menschen und nutzen die Daten des eisigen Kontinents als Beweis für die steigenden Temperaturen. Die Geschwindigkeit, mit der die Eisschicht schmilzt ist fester Bestandteil von Debatten über die Klimapolitik der Länder.

Darüber hinaus besitzt die Antarktis eine einzigartige Flora und Fauna sowie majestätische Felsformationen, die Bio- und Geologen gleichermaßen faszinieren. Es gibt noch andere Gründe, warum sich Menschen in die eisige Kälte des Südpols begeben. Mit seinem unerbittlichen Wetter und dem endlos wirkenden Eis hat er eine magische Anziehungskraft auf Touristen, die ihre Grenzen austesten möchten.

3. Kontinent der Superlative

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Die Antarktis ist ein Ort der Extreme. In keinem anderen Gebiet werden kältere Temperaturen gemessen. Werte von bis zu – 90°C sind keine Seltenheit und ermöglichen die Entstehung beeindruckender Gletscherformationen.

Die widrigen Wetterbedingungen machen die Antarktis zum einzigen Kontinent, auf dem keine Menschen dauerhaft leben. Obwohl manche Pflanzenarten den eisigen Temperaturen trotzen, ist ihr Lebensraum durch die meterdicken Schneeschichten eingegrenzt. Die Vorherrschaft über das ewige Eis besitzen die dort heimischen Tierarten wie Robben, Wale, Pinguine und Seeleoparden. Eiskalte Winde und meterhohe Gletscherspalten erschweren die Erforschung der Antarktis. Sie blieb bis zur eingangs erwähnten Expedition im Jahr 2014 der am wenigsten dokumentierte Kontinent.

4. Die ersten Aufzeichnungen

Das lebensfeindliche Klima der Antarktis macht sie zu einem Kontinent, der keine Ureinwohner hat. Der erste Mensch, der das ewige Eis zu Gesicht bekam war der Entdecker James Cook.

Im Jahr 1771 begab er sich auf eine Reise zum südlichsten Punkt der Erde. Zwei Jahre später erreichte er die Inseln der Antarktis. Historiker nehmen an, dass er sich dem Festland des Kontinents bis auf 240 Kilometer näherte. An diesem Punkt zwangen ihn die Eismassen zur Umkehr. Bis zu dieser Reise glaubten die Menschen an den hypothetischen Südkontinent Terra Australis, der angeblich mit Afrika verbunden war. Cooks Reise widerlegte diese Theorie endgültig.

5. Unter dem Eis

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In den Jahrhunderten nach der Entdeckung der Antarktis durch James Cook, versuchten unzählige Forscher dem geheimnisvollen Kontinent näher zu kommen. Die Erfindung der Radartechnik in der Mitte des 20. Jahrhunderts ermöglichte es den Wissenschaftlern, den Boden der Antarktis trotz der Eisschicht teilweise zu kartografieren. Nach ersten Erfolgen gerieten die Aufzeichnungen schnell ins Stocken. Die extremen Temperaturen setzten den Messgeräten zu. Darüber hinaus stießen die Radargeräte bei sehr tiefen Gletscherspalten an ihre Grenzen.

Im Jahr 2014 brachte ein internationales Team von Klimaforschern, Meteorologen und Geologen die Abmessung der Antarktis stark voran. Mit neuen Technologien und mathematischen Berechnungen erschlossen sie die entlegenen Gebiete des Kontinents.

6. Ein aufwendiges Puzzle

Die renommierte University of California initiierte die Studie zur Kartografierung der Antarktis. Das Projekt erhielt den Namen BedMachine Antarctica. Ziel war es, die detaillierteste Darstellung der geografischen Verhältnisse auf dem eisigen Kontinent zu erstellen.

Zunächst betrachtete das Forschungsteam die vorhandenen Daten, um die Lücken zu identifizieren. Sie untersuchten die Aufzeichnungen von 19 Institutionen aus aller Welt und stellten fest, dass seit 1967 rund 1,6 Millionen Quadratkilometer des Kontinents per Radar erfasst wurden. Angesichts der Gesamtfläche von 14,2 Millionen Quadratkilometern, sah sich das Team einer großen Aufgabe entgegen. Den Wissenschaftlern war klar, dass sie eine effiziente und zuverlässige Methode zur Kartografierung finden mussten.

7. Die Forschungsmethode

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In den abgelegenen Regionen des Südpols ist die Eisschicht extrem dick und die Wellen der Radargeräte prallen an den tiefen Gletscherwänden ab, ohne bis zum Boden vordringen zu können. Um dieses Problem zu lösen, wichen die Wissenschaftler auf hochauflösende Satellitenbilder aus. An ihnen konnten sie ablesen, wohin und wie schnell sich die Eismassen in der Antarktis bewegten. Diese Daten kombinierte das Team mit dem physikalischen Gesetz der Massenerhaltung. Es besagt, dass sich die Masse in einem geschlossenen System nicht verändert.

Die Verbindung der zwei Ansätze erlaubte es den Forschern, die Eismenge in den unerreichbaren Tälern der Antarktis zu berechnen und grafisch darzustellen.

8. Erstaunliche Erkenntnisse

Auf die Durchführung der Untersuchung folgte die Auswertung der erhobenen Daten. Im Anschluss wurden die Ergebnisse zu einer Forschungsarbeit zusammengefasst. Am 12. Dezember 2019, nach fünf Jahren intensiver Arbeit, erhielt die Öffentlichkeit Zugang zur Studie.

Sie erschien in der Fachzeitschrift Nature Geoscience, einem wissenschaftlichen Journal mit dem Schwerpunkt Erdkunde. Später waren die Forschungsergebnisse Diskussionsthema beim Podium der American Geophysical Union in San Francisco. Schnell war klar, dass die Forscher ihr Ziel erreicht hatten. Die Antarktis galt fortan als umfassend kartografiert und die Lücken der vorherigen Aufzeichnungen als gefüllt. Darüber hinaus erhielt das Forschungsteam erstaunliche Antworten auf Fragen, die ursprünglich nicht Teil der Studie waren.

9. Der tiefste Punkt der Erde

Eine bemerkenswerte Entdeckung des Projekts BedMachine Antarctica war eine riesige Schlucht unter dem Eis der Antarktis. Sie befindet sich unter dem Denman-Gletscher in einem Bereich namens Queen Mary Land. Die eisige Felsspalte am östlichen Rand des Kontinents fiel Entdeckern erstmals im Jahr 1912 auf. Ihre beeindruckende Länge von rund 20 Kilometern erlaubte es den damaligen Forschern nicht, sie vollständig zu untersuchen.

Dem Forschungsteam aus 2014 war der Gletscher zu Beginn ihrer Studie bekannt. Sie nutzten neueste Messtechniken, um ihn zu scannen und entdeckten unter seiner Eisschicht die tiefe Schlucht. Der rekordverdächtige Fund galt fortan als tiefster Punkt der Erde an Land.

10. Ein neuer Rekordhalter

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Laut den Messungen des Forschungsteams reicht die Schlucht bis rund 3,5 Kilometer unter den Meeresspiegel. Mit dieser Tiefe übertrifft sie den bisherigen Rekordhalter auf dem Festland, ein Erdloch an der Küste des Toten Meeres, um das Achtfache.

Das Besondere an der gefundenen Schlucht in der Antarktis ist ihre Ausrichtung. Die Gebirgskette rund um den Fluss Yarlung Tsangpo durchläuft Indien, Bangladesch und China. In Tibet erreicht sie eine Tiefe von rund 6 Kilometern. Der Unterschied zur gefundenen antarktischen Schlucht ist, dass sich ihr tiefster Punkt oberhalb des Meeresspiegels befindet. Der Titel für den tiefsten Punkt der Erde unterhalb der Wasseroberfläche bleibt beim legendären Marianengraben im Pazifik.

11. Eine düstere Prognose

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Das Projekt BedMachine Antarctica brachte nicht nur eindrucksvolle Ergebnisse hervor, sondern bestätigte die Bedrohung des eisigen Kontinents durch den Klimawandel.

Steigende Temperaturen schmelzen die Gletscher und begünstigen ihr Abrutschen ins Wasser, was eine Erhöhung des Meeresspiegels zur Folge hat. Ein Beispiel für diese Entwicklung ist der Thwaites-Gletscher im Westen der Antarktis, der pro Jahr eine Strecke von rund 1,6 Kilometern Richtung Amundsensee zurücklegt. Mit einer Fläche von rund 192.000 Quadratkilometern wäre sein Absinken verheerend für den Planeten. Bewohner von Küstenregionen und Inseln würden ihren Lebensraum unwiederbringlich verlieren. Tragischerweise fanden die Forscher heraus, dass die geografischen Verhältnisse um den Thwaites-Gletscher sein Abdriften zukünftig beschleunigen könnten.

12. Der Funken Hoffnung

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Im Transantarktischen Gebirge stießen die Wissenschaftler auf erfreulichere Erkenntnisse. Der Süden der Antarktis ist, laut den Forschungsergebnissen, durch geografische Besonderheiten vor dem Untergang geschützt. An der dortigen Felsformation haben sich Gletscher gebildet, deren Absinken von einer Eisschicht auf dem angrenzenden Rossmeer verhindert wird. Klimaforscher äußerten die Befürchtung, dass ein Schmelzen dieser Eisplatte das vollständige Abrutschen der Gletscherformationen zur Folge haben wird.

Diese Befürchtungen widerlegte das internationale Team an Forschern. Sie entdeckten einen riesigen Gebirgskamm unterhalb des Eises, der die Gletscher fixiert. Sollte das Eis auf dem Rossmeer schmelzen, was momentan kein akutes Problem darstellt, werden die eisigen Gebilde voraussichtlich nicht ins Meer rutschen?

13. Wertvolle Forschung

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Das Forschungsprojekt der University of California hat durch die Kartografierung verständlich gemacht, wie sich das Eis in der Antarktis bewegt. Insgesamt fällt das Resümee der Expedition ernüchternd aus. Abgesehen von den Regionen mit vorteilhaften geografischen Bedingungen, sinken die Gletscher am Südpol unaufhaltsam ins Meer. Ein Prozess, der durch die steigenden Temperaturen auf der Erde begünstigt wird.

In Zukunft soll die Studie genutzt werden, um die Antarktis den Menschen näher zu bringen. Die beteiligten Meteorologen und Klimaforscher hoffen, den unwirklich erscheinenden Kontinent mit ihrer Arbeit greifbar machen zu können. Ein Projekt, das möglicherweise in neuen Ideen zum Schutz dieses einzigartigen Gebiets mündet.