
Ein wildes Tier in Menschennähe – für viele eine emotionale Gratwanderung. Wenn Wölfe durch Dörfer streifen oder sich unerschrocken Bauern nähern, ruft das nicht nur Behörden, sondern auch hitzige Debatten auf den Plan.
So auch aktuell im Kanton Schwyz, wo ein einzelner Wolf zur Gefahr erklärt wurde. Doch warum genau wurde jetzt zur Jagd geblasen – und was bedeutet das für den Umgang mit Wildtieren in der Schweiz?
1. Wiederholte Sichtungen in der Region

Bereits vor dem Zwischenfall in Rempen war das Tier mehrfach in der Region Ausserschwyz gesichtet worden. Vor allem in Schübelbach und Vorderthal hielt sich der Wolf seit Anfang März auffällig häufig in der Nähe von Höfen und Siedlungen auf. Auch Bauern meldeten seine Anwesenheit.
Die Nähe zu menschlichen Einrichtungen und Nutztieren verstärkte die Bedenken der Behörden. Die Sorge: Der Wolf könnte die natürliche Scheu gegenüber Menschen endgültig verloren haben – ein Warnsignal, das ernst genommen wird.
2. Tötung einer Hirschkuh in Siedlungsnähe

Am Dienstag vor dem Entscheid riss der Wolf eine Hirschkuh beim Kraftwerk in Siebnen – und das in unmittelbarer Nähe zur Siedlung. Der Vorfall machte deutlich: Der Wolf jagt nicht nur nachts in entlegenen Wäldern, sondern auch tagsüber in bewohnten Gebieten.
Ein Wildhüter reagierte umgehend mit einer sogenannten Vergrämungsmaßnahme – einem Schuss mit Gummischrot. Doch auch diese Maßnahme führte offenbar nicht zur gewünschten Wirkung. Der Abschuss wurde damit zur «logischen Konsequenz» erklärt.
3. Der Zwischenfall in Rempen

Auslöser der aktuellen Entscheidung war ein konkreter Vorfall in Rempen. Dort näherte sich der Wolf einem Landwirt auf kurze Distanz – ohne jegliche Scheu. Das Verhalten des Tieres widerspricht laut Jagdgesetz dem natürlichen Fluchtinstinkt und wird deshalb als potenziell gefährlich eingestuft.
Die Szene reichte aus, um die gesetzlichen Voraussetzungen für einen Abschuss zu erfüllen. Das Tier wird damit als «auffällig» klassifiziert – ein Begriff, der im Schweizer Wolfsmanagement eine entscheidende Rolle spielt.
4. Juristische Grundlage für den Abschuss

Die Grundlage für die Verfügung liefert die eidgenössische Jagdgesetzgebung. Sie erlaubt den Abschuss eines Wolfes, wenn dieser sich wiederholt Menschen nähert, Scheu vermissen lässt oder Schäden verursacht. In diesem Fall sah der Regierungsrat des Kantons Schwyz alle Bedingungen erfüllt.
Die Abschussverfügung gilt für 60 Tage und einen klar definierten Umkreis, der auf dokumentierten Sichtungen und Rissstellen basiert. Sie ist also nicht pauschal, sondern gezielt gegen das auffällige Einzeltier gerichtet.
5. Ausführung durch die Wildhut

Die Durchführung des Abschusses liegt nun bei der kantonalen Wildhut. Sie ist befugt, innerhalb des festgelegten Gebiets gezielt nach dem Tier zu suchen und es zu erlegen. Dabei handelt es sich um ausgebildete Fachpersonen, die mit dem Verhalten von Grossraubtieren vertraut sind.
Der Entscheid wird von diesen nicht leichtfertig umgesetzt – dennoch bedeutet er für das Tier in der Regel das Todesurteil. Der Eingriff in die Natur erfolgt unter streng kontrollierten Bedingungen.
6. Emotionale Debatte um den Wolfsschutz

Die Diskussion um den Umgang mit Wölfen in der Schweiz ist hoch emotional. Tierschutzverbände kritisieren Abschüsse regelmäßig als überstürzt, während Bauern und Anwohner oft Erleichterung äußern. Der Fall aus Schwyz zeigt einmal mehr, wie schwer es ist, zwischen Schutz der Artenvielfalt und öffentlicher Sicherheit zu vermitteln.
Der Spagat zwischen Wildtiermanagement und menschlicher Angst bleibt ein Dauerbrenner. Der aktuelle Fall könnte weitere politische Diskussionen über den Schutzstatus des Wolfes befeuern.